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Finnvox Studios / Helsinki, April 2011
Mein letzter Eintrag in einem Studiotagebuch war im Jahr 2007, nach drei Wochen Gesangsaufnahmen und Verstecken spielen in den Wäldern Finnlands. Niemand wusste damals, dass ich die neue Sängerin bei Nightwish war. Heute habe ich das Tagebuch von damals das erste mal wieder gelesen und muss sagen, dass ich vieles wieder erkannt habe und viel lachen musste.
Heute sehen viele Dinge natürlich anders aus als 2007. Die Rahmenbedingungen meines Studioaufenthalts sind völlig andere. Ich bin kein Geheimnis mehr, ich kenne die Lieder wirklich gut und habe bereits eine Demo-Session in Röskö aufgenommen. Die Lieder wurden für meine Stimme geschrieben und diesmal kann ich sie mit viel mehr Selbstvertrauen singen. Dadurch wurde meine Zeit im Studio auch viel kürzer als letztes mal. Wir haben alle sehr gut und effizient zusammen gearbeitet, wie ein Rennteam, jeder kennt seine Aufgabe. ;=)
Am Montag sollte es dann endlich losgehen und ich bin mit einem Taxi von meinem Hotel zu den Finnvox Studios gefahren, in denen ich nur einmal vorher war. Damals war ich für eine Listening Session für Dark Passion Play dort. Ich hatte schon ganz vergessen, wie weit außerhalb das Studio ist - mitten in einem Industriegebiet, versteckt zwischen vielen anderen grauen Gebäuden. Auf den ersten Blick wirkt dieses so berühmte Studio sehr unspektakulär und grau. Aber wenn man es betritt und die ganzen goldenen Schallplatten und Fotos berühmter Musiker sieht, dann merkt man schnell, das es ein Ort großer Dinge und großer Musik ist. Selbstverständlich, dass Imaginarium diese heiligen Hallen auch durchlaufen muss.
Nach einigen Umarmungen hatte ich zuerst ein kurzes Vorgespräch mit Tuomas, in dem es um organisatorische Dinge zur Imaginarium Tour und zukünftiger Pläne ging. Dann wurde ich von Tuomas in "meinen" Raum gebracht und war total überrascht! Der Raum sah aus wie mein eigenes kleines "Shangri-la". Überall brennende Kerzen, rosa und rote Teppiche und Stoffe an den Wänden haben eine gemütliche Atmosphäre geschaffen. Süßigkeiten, Tee, Kaffee, Nüsse, Modezeitschriften, ein gemütlicher Sessel, ein großes gerahmtes Poster von uns, und viele weitere Dinge, die es mir so angenehm wie möglich machen sollten. Teemu, unser lieber Pyrotechniker, war da um mich zu willkommen zu heißen und mich in eine gute Stimmung zum Singen zu bringen. Vielen Dank an Teemu und die Jungs, meine Tage bei Finnvox wurden gerade noch besser!
Wir haben mit einem tollen Lied angefangen und auch wenn meine Rippen noch etwas weh getan haben, konnte ich es dennoch gut singen. Ich war noch etwas müde von zwei Reisetagen, aber alles in allem ist der Tag sehr gut verlaufen und es war einfach ein toller Start für mich.
Wir hatten uns vorgenommen pro Tag ein Lied aufzunehmen, aber am Ende waren es eher 1,5 pro Tag und nach acht Tagen waren wir schon fertig. Wir haben von 10 Uhr bis ca. 15 oder 16 Uhr jeden Tag gearbeitet. Wir hatten natürlich immer mal kurze Pausen, aber an sich haben wir die ganze Zeit durch gearbeitet. Ich bin gerne effizient und wenn ich mit dem Singen beginne, komme ich schnell so in einen Fluss, dass eine lange Pause nur stören würde. Imaginarium hat sehr viele verschiedene Stimmungen und gibt mir verschiedene Möglichkeiten, ein Lied zu interpretieren. Tuomas, Tero und Mikko waren da um mich zu unterstützen und anzuleiten, das letzte gewisse Etwas aus den Liedern herauszuholen, was sie "legendär" machen würde, wie Tero immer gesagt hat, haha!
Vor jedem neuen Lied habe ich mich erstmal hingesetzt und habe die Lieder mit Orchester, Chor, Solisten und allem anderen angehört, was ich vorher noch nicht gehört hatte. Ich muss sagen, dass ich wirklich jedes mal eine Gänsehaut bekommen habe. Der Weg von der Demo zum fertigen Ergebnis mit allem ist einfach der absolute Wahnsinn! Und ich kann auch attestieren,, dass Pip und Tuomas immer besser werden, was den Einsatz von Orchester und verschiedenen Instrumenten und Stimmen angeht.
Nachdem ich also ein Lied mit all seinen neuen Aspekten gehört hatte, bin ich in "mein Studio" gegangen, habe mich aufgewärmt und dann mit den Aufnahmen begonnen. Wir haben immer in Etappen aufgenommen und meistens die Strophen zuerst aufgenommen. Immer und immer wieder habe ich meine Parts gesungen, bis wir das Gefühl hatten, dass alles stimmt. Dann habe ich noch ein oder zwei weitere male "drüber" gesungen, wenn wir einen volleren Sound wollten, was hauptsächlich in den schnelleren Liedern der Fall war. Danach haben wir entweder direkt die Harmonien aufgenommen oder wir sind erstmal zum Lead-Gesang des Stücks übergegangen. Das hing auch immer ein bisschen von meiner Stimmung und meiner Stimme ab. An einem Tag hatte ich eine Lebensmittelvergiftung bekommen und mich neun Stunden lang übergeben, worunter meine Stimme natürlich gelitten hat. Am folgenden Tag war ich noch etwas mitgenommen und meine hohe Stimme klang nicht gut genug für mich, so dass wir die hohen Harmonien auf den nächsten Tag verschoben haben.
Nach acht Tagen hatten wir alle Lieder im Kasten und es waren nur noch ein paar Harmonien übrig. Danach sind wir nochmal alle Lieder durchgegangen und haben das hinzugefügt, was Tuomas noch gefehlt hat. Es ist wirklich großartig mit Tuomas zu arbeiten, er weiß und sagt sehr genau, was er in jedem Lied will. Er ist so hingebungsvoll was das Album angeht, jedes Element muss perfekt sein. Ich weiß, dass er nicht schlafen oder ruhen wird, bis das Album gemischt und gemastert ist und irgendwo sicher in einem Safe liegt. Als ich fertig war, habe ich auch dieses gewisse "leere" Gefühl gespürt. Ich war auch ein bisschen traurig, weil ich so viel Spaß hatte und es einfach liebe im Studio zu singen, und dieses Album so aufregend für mich ist. So viele Lieder, und alle unterschiedlich, ich liebe die Herausforderung. Das beste aus meiner Stimme herauszuholen und ein Teil dieser gigantischen Musik zu sein, in der alle von uns, jeder Musiker, ein wichtiger Schlüssel ist, um das Imaginarium zum Leben zu erwecken! Und glaubt mir - es wird ein absoluter Wahnsinnsritt für uns alle! ;=)
Weiter gehts! Mein nächster Schritt ist ein bisschen Schauspielerei im Film, aber eins nach dem anderen. Jetzt werde ich erstmal den Sommer genießen, bevor das alles passiert. Ich wünsche euch allen das Beste!
Anette
Geschrieben von Anette am 22. April 2011
Sehr schöne Sache endlich neue Infos zu haben!
Leider hilft es mal wieder nich wirklich die entstandene Aufregung zu zügeln
wenn das noch lange so geht kann ich mich bald selbst in der geschlossenen anmelden...